Anspruch des Vermieters auf Nachzahlung von Betriebskosten, wenn nur einer von mehreren Mietern die Abrechnung erhalten hat

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Vermieter von einem Mieter auch dann die Nachzahlung von Betriebskosten verlangen kann, wenn die Betriebskostenabrechnung nur dem in Anspruch genommenen Mieter, nicht aber auch den weiteren Mietern der Wohnung zugegangen ist, die ebenfalls Vertragspartner des Vermieters sind.

Die Beklagte in dem entschiedenen Rechtsstreit ist neben ihrem Ehemann Mieterin einer Wohnung der Klägerin in Berlin. Im Mietvertrag ist eine monatliche Vorauszahlung für Betriebs-, Heiz- und Wasserkosten vereinbart. Mit einem an die Beklagte und ihren Ehemann gerichteten Schreiben vom 5. Dezember 2006 rechnete die Klägerin die Nebenkosten für das Abrechnungsjahr 2005 ab. Aus der Abrechnung ergab sich ein Nachzahlungsbetrag, wovon ein Teilbetrag von 254,89 € auf in diesem Schreiben nicht näher aufgeschlüsselte Heizkosten entfiel. Die Einzelheiten der Berechnung des Heizkostensaldos ergeben sich jedoch aus einer für das Jahr 2005 erstellten Heizkostenabrechnung vom 27. November 2006. Allerdings ist diese nur an die Beklagte adressiert worden und ist auch nur ihr zugegangen. Die Beklagte und ihr Ehemann haben einen Ausgleich des von der Klägerin geforderten Nachzahlungsbetrags abgelehnt. Das Amtsgericht hat beide Mieter als Gesamtschuldner zur Zahlung der "kalten Betriebskosten" und die Beklagte darüber hinaus zur Nachzahlung von 254,89 € auf die Heizkosten verurteilt. Auf die Berufung der Mieter hat das Landgericht die Verurteilung zur Zahlung von "kalten Betriebskosten" aufgehoben, jedoch die Verpflichtung der Beklagten zur Tragung der Heizkosten bestätigt.

Die dagegen gerichtete Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Vermieter nicht gehindert ist, die nach § 556 Abs. 3 BGB* geschuldete Abrechnung der Betriebskosten, die eine Nachforderung zu seinen Gunsten ausweist, nur einem Mieter gegenüber zu erteilen und lediglich diesen auf Ausgleich des Nachzahlungsbetrags in Anspruch zu nehmen. Mieten mehrere Personen eine Wohnung an, haften sie grundsätzlich für die Mietforderungen einschließlich der Nebenkosten als Gesamtschuldner. Der Vermieter ist daher berechtigt, nach seinem Belieben jeden Schuldner ganz oder teilweise in Anspruch zu nehmen (§ 421 Satz 1 BGB*). Die Übermittlung einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung an den Mieter dient dazu, die Fälligkeit des sich aus der Abrechnung ergebenden Saldos herbeizuführen. Diese Fälligstellung ist kein Umstand, der einheitlich gegenüber allen Gesamtschuldnern erfolgen muss. Der hiergegen vorgebrachte Einwand, der Vermieter könne in diesem Fall nach § 421 BGB auch den Mieter, dem keine Abrechnung erteilt worden sei, auf Ausgleich von Nachzahlungen in Anspruch nehmen, ist schon deswegen nicht stichhaltig, weil die Nachforderung diesem Mieter gegenüber gerade nicht fällig gestellt worden ist.

§ 421 BGB: Gesamtschuldner
Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.

§ 556 BGB: Vereinbarungen über Betriebskosten
(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen…

(2) …

(3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.

(4) …

Urteil vom 28. April 2010 – VIII ZR 263/09
AG Pankow/Weißensee - Urteil vom 6. Mai 2008 – 9 C 460/07
LG Berlin - Urteil vom 16. Juni 2009 – 65 S 323/08
Karlsruhe, den 28. April 2010

Quelle: Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle Nr. 88/2010

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